Facettenreiches Leben – lebendiges Gesicht

09.11.2020

Über die Ablichtungen von P. Franziskus Jordan

„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ ist ein bekanntes Sprichwort, das einen Mehrwert eines Bildes gegenüber reinem Text suggeriert. Von P. Jordan existiert eine Sammlung an Fotos, die ihn in den unterschiedlichen persönlichen und historischen Perioden seines Lebens zeigt. Die vorliegende kleine Auswahl aus den Portrait-Fotos soll einen Einblick in P. Jordans Leben und in seine Entwicklung geben. Der Inhalt der Texte stammt zum Großteil aus dem Buch Pater Jordan als Beziehungsmensch von P. Peter van Meijl SDS.

Text: Robert Passini

 

Das früheste Foto: 1861, Waldshut, Deutschland

Die Kopie dieses in einem vorgefertigten Rahmen mit dekorativen Bänden und Schleifen geklebten Fotos zeigt die älteste erhaltene Ablichtung von Jordan. Sie wurde 1861 in Waldshut, Deutschland aufgenommen. Zu sehen ist der zwölfjährige Johann Baptist Jordan. Er besuchte die Grundschule in Gurtweil in Baden, Deutschland. Folgende Aussagen geben Einblick in seinen Charakter:

„Er war aufgelegt zu allen Bubenstreichen, nichts war vor ihm sicher, kein Vogel u. kein Obst an den Bäumen. Bei den Kameraden war er beliebt u. stets ihr Anführer bei allen losen Unternehmungen. Seine Lieblingsbeschäftigung war das Fischen im nahen Fluß, obschon es verboten war, u. manchmal schwänzte er die Schule, u. ging dem Fischen nach.“1

„Beim Bahnbau malte er für die Baracke einen schönen Schild: ‚Gasthaus zum alten Schlappen, wer kein Geld hat, umsonst hereintappen‘. Alle bewunderten seine ersten Malversuche.“ 2

In Militäruniform, 1869, Kreuzlingen (südlich von Konstanz), Schweiz

Mit 21 Jahren wurde Johann Baptist zum Militärdienst nach Konstanz berufen und zur Reitergarde bestimmt. Auf dem Foto steht er in Militäruniform: Helm mit Pickel, weiße Handschuhe und eine große Schnalle am Gürtel.

„Jordan wurde zur Infanterie nach Konstanz ausgehoben, infolge seiner schwächlichen Gesundheit aber schon nach sechs Wochen als untauglich wieder entlassen. Als bald darauf der Deutsch-Französische Krieg ausbrach, wurde er zwar einberufen, aber nach genauer Untersuchung erneut als untauglich zurückgeschickt.“3

„Konferenz der Vier“; August 1882, München, Deutschland

Beinahe neun Monate nach dem offiziellen Gründungstag der Apostolischen Lehrgesellschaft (8.12.1881) traf sich der junge Priester Johann Baptist Jordan mit den Priestern Bernhard Lüthen (stehend, rechts), Msgr. von Essen (sitzend, rechts) und Friedrich von Leonhardi (stehend, links) in München, um der offiziell ins Leben gerufenen Genossenschaft ein bestimmtes Statut zu geben und so die Grundlage für die zukünftige Zusammenarbeit zu schaffen.

Diese „Viererkonferenz“ (26.–27.8.1882) wurde auf einem Foto festhalten. Jordan (sitzend, links) trägt die Diözesansoutane.

P. Jordan mit der Weltkugel, Dezember 1896, Rom, Italien

Alle wichtigen Gründungen in den Jahren 1890 bis 1902 wurden von P. Jordan selbst vorgenommen. Seine Berufung war es, junge Menschen von Rom aus in alle Länder der Welt zu senden, um bei den regionalen Nöten zu helfen und um Jesus als den Heiland der Welt zu verkünden mit allen Mitteln, welche die Liebe Christi eingibt.

Diese grundlegende Vision der Universalität der salvatorianischen Apostolate wird durch die Kuppel der Basilika von St. Peter in Rom und durch den Globus ausgedrückt, der immer auf dem Tisch des Gründers stand.

 

P. Jordan anlässlich der definitiven Approbation der Gesellschaft, März 1911, Rom, Italien

Nach jahrelangem Leid, Anfeindung und Enttäuschung erhielt der 62-jährige Gründer am 8. März 1911 die offizielle Mitteilung, dass die von ihm ins Leben gerufene und seit 30 Jahren geleitete Ordensgemeinschaft von der höchsten kirchlichen Behörde endgültig anerkannt worden ist. Auf Latein notierte er in seinem Geistlichen Tagebuch:
„Heute hat der Heilige Vater Pius X. die Gesellschaft des Göttlichen Heilandes endgültig kirchlich anerkannt. 8.III.11“4
Ungefähr zwei Wochen später, am 21. März 1911, wurde ihm und den Mitgliedern des Generalates eine Privataudienz bei Papst Pius X. gewährt.

Für P. Jordan musste das eine besondere Erleichterung und Freude bedeutet haben. Auf dem Foto, das anlässlich dieser Anerkennung seines Werkes aufgenommen wurde, wirkt er zufrieden. Es wurde in der Geschichte der Ordensgemeinschaft oft als Heiligenbildchen retuschiert und als Poster und Postkarte gedruckt.

Das gütige Sorgengesicht,1915, Rom, Italien

Als am 23. Mai 1915 Italien Österreich-Ungarn den Krieg erklärt hatte, musste P. Jordan Rom verlassen, jene Stadt, in der er 37 Jahre lang gelebt hatte. Das Foto wurde vor seiner Abreise 1915 auf der Terrasse des Mutterhauses aufgenommen. P. Franz Emmenegger SDS, der dritte Generalobere der Salvatorianer, nannte P. Jordan auf diesem Bild einen Mann „mit dem so gütigen Sorgengesicht”5.

P. Jordan zog ins Exil zu seinen Mitbrüdern nach Freiburg in die Schweiz, und seine Gesundheit wurde immer schlechter. Bereits im Herbst 1915 gab er die Ordensleitung ab. Das brachte sowohl für den Gründer als auch für die Gesellschaft einschneidende Veränderungen mit sich. Die Gesellschaft musste lernen, ohne die Leitung durch den Gründer auszukommen, aber in seinem Geist weiterzuwirken. Der Gründer musste lernen, auf seine Amtsgeschäfte zu verzichten.

P. Peter van Meijl SDS schreibt über dieses Foto: „Sogar ein Lächeln erscheint auf den Lippen. Es sagt uns: ‚Am Himmel steht: alles wird gut…‘ Je mehr man sich in die Vergangenheit von Pater Jordan hinein versenkt, umso mehr wird man in die Zukunft geschleudert. Hoffnung sprengt die engen Grenzen der Gegenwart. […] Hoffnung regt die Fantasie an. Hoffnung setzt ungeahnte Kräfte frei.“6

P. Jordan hörte trotz Schwierigkeiten, Sorgen und Krankheit nie auf, an seine Gründung zu glauben und „seinen“ Weg, zu dem er sich berufen fühlte, weiter zu gehen, was sich in seinen vielseitigen Gesichtern gut ablesen lässt.

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1 Witwe Regina Schloßer-Vonderach (+25.4.1925), Aus der Jugendzeit des seligen Patres Johannes Baptist Jordan, von Gurtweil, handschriftliche Datierung von P. Camillus Mohr SDS: 27.12.1924, AGS 0100.01 (=APS), I 23.1, S. 1

2 mündliche Aussagen von Eduard Jordan u.a., notiert von P. Camillus Mohr SDS, Gurtweil, August 1924, AGS 0100.01 (=APS), G 18.1, S. 8, Nr. 16b

3 PFEIFFER, S. 15

4 vgl. Das Geistliche Tagebuch, S. 716 (GT III/154), sowie VAN MEIJL, S. 210

5 Pater Jordan und die Salvatorianer in der Schweiz, in: Der Missionär, S. 356

6 VAN MEIJL, S. 310 f.

 

BILDNACHWEIS
Wien I, St. Michael, Archiv der Österreichischen Pro-Provinz der Salvatorianer (asa), asa-09.3.1 und csa-01.14

LITERATUR

  • P. Peter van Meijl SDS, Pater Jordan als Beziehungsmensch, Wien 2012, S. 14, 35, 138, 154, 210, 310 f.
  • P. Pancratius Pfeiffer SDS, P. Jordan und seine Gründungen. P. Franziskus Maria vom Kreuze Jordan. Gründer und erster Generalsuperior der Gesellschaft des Göttlichen Heilandes, Rom 1930, S. 15, 86 f.
  • Das Geistliche Tagebuch von Johann Baptist Jordan. Faksimile und Transkription, Regensburg, Rom, 1999 (DSS XXII), S. 716
  • Der Missionär, 76. Jahrgang, Heft 12, Zug in der Schweiz, Dezember 1956, S. 356

 

Dieser Artikel ist veröffentlicht in: die Salvatorianer, 2-2020, S. 16-17