Die diesjährige Fastenpredigt von P. Georg Fichtl beleuchtet P. Franziskus Jordan aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Ausgangspunkt meiner Betrachtung ist seine Primiz, die er als 30-Jähriger am 21. Juli 1878 in Döttingen / Schweiz feierte.

Zwei Aspekte sind mir wichtig.

Der eine Aspekt kreist um seinen Berufungsweg: Da seine Familie hochverschuldet war und sein Vater zudem infolge eines Arbeitsunfalls früh verstarb, war an ein Studium nicht zu denken. Doch ein besonderes Erlebnis bei der Erstkommunion ließ Jordan keine Ruhe. Unterstützt von seinen Heimatpriestern und von ihnen gut auf die oberen Klassen des Gymnasiums vorbereitet konnte er in Konstanz in vier Jahren das Abitur nachholen. Seine Stärke waren die Sprachen. Dann absolvierte er in Freiburg das Theologiestudium. Die Primiz machte deutlich: Das Ziel, Priester und damit Apostel des Salvators zu sein, war erreicht.

Der zweite Aspekt betrifft den Ort der Primiz. Johann Baptist Jordan – so sein bürgerlicher Name – konnte seine Primiz nicht zu Hause feiern. Er musste in die benachbarte Schweiz ausweichen. Der Grund: Im neuen Deutschen Reich gab es starke Kräfte, die den Einfluss der kath. Kirche einschränken und die Verbundenheit der Katholiken mit dem Papst in Rom kappen wollten. Sie strebten eine unabhängige Nationalkirche an. Wer papsttreu blieb, hatte als Seelsorger in Deutschland keine Zukunft. Spätestens mit Beginn seines Theologiestudiums war das Jordan klar. Denn schon viele Bischofssitze und Pfarrstellen waren wegen diesem Ringen der Machthaber mit der kath. Kirche vakant. Doch Jordan vertraute vorbehaltlos auf Gott und zog seine Ausbildung zum Priester – trotz aller Anfechtungen – durch.

Bestärkt wurde Johann Baptist Jordan im Sommer 1875 – drei Jahre vor seiner Priesterweihe – durch zwei Ereignisse: Ihm wurde ein inneres Erlebnis geschenkt, das für sein weiteres Leben bestimmend werden sollte. Diese Gotteserfahrung muss ihn wie ein Blitz getroffen haben. Er nannte diese Begebenheit „Heimsuchung“. Diese empfand er zugleich als einen Auftrag. Er solle eine Lehrgesellschaft aufbauen, die dem Glaubensabfall und den Kirchenfeinden die Stirn bietet. Sieben Jahre später war die Gründung im vollen Gange.

Das zweite Ereignis war der Katholikentag ausgerechnet an seinem Studienort – in Freiburg. Große Gestalten des Katholizismus trafen sich, um Antworten auf die Herausforderungen der Zeit zu geben. Man bedenke: Der Kulturkampf hatte zu diesem Zeitpunkt seinen Höhepunkt erreicht. Die Versammlung beschäftigte sich intensiv mit der Frage, wie zeitgemäße Verkündigung durchzuführen sei. Eine Antwort war, das Vereinswesen auszubauen und die katholische Presse zu stärken. Weitere Schwerpunkte waren die Caritas und die Missionen, die soziale Frage, christliche Wissenschaft und Kunst und nicht zuletzt die Schule. Ideen und Ansätze gab es viele. Doch eine schlagkräftige Vernetzung fehlte – zumal die Amtskirche ja stark behindert war.

Hier sah Johann Baptist Jordan seine Berufung. Eine neu zu gründende Apostolische Lehrgesellschaft sollte diese Aufgabe übernehmen. Fünf Jahre lang rang er um die bestmögliche Gestalt. Am 6. September 1880 präsentierte er sie Papst Leo XIII. bei einer Privataudienz. Der Papst gab dazu seinen Segen. Und Jordan ging mit aller Kraft ans Werk. Er beendete sein breit angelegtes Sprachenstudium. Er richtete in Rom eine Druckerei ein und brachte den „Missionär“, den Apostelkalender und andere Zeitschriften heraus. In vielen Städten entstanden missionarische Gruppen. Er suchte Mitarbeiter*innen. Er sammelte Buben und bildete sie aus. Es entstanden zwei neue Ordensgemeinschaften, die schon wenig später in Indien ein Missionsgebiet übernahmen. Zudem ließen sie sich an sozialen Brennpunkten in Europa und Amerika nieder. Auf vielfältige Weise verkündeten nicht nur Priester die Frohbotschaft. Auch Frauen und Männer, die sehr unterschiedlich zur Lehrgesellschaft gehörten, machten ausnahmslos allen Menschen das Heil bekannt, das in Jesus Christus erschienen ist.

100 Jahre später entstand das Salvatorianische Manifest. Es fordert uns Salvatorianer auf, unsere Berufung, Apostel zu sein, mit allen Menschen jeglicher Herkunft zu leben. Dann führt es aus, dass uns heute die Zeichen der Zeit drängen, für die Erneuerung der Kirche und der Welt eine prophetische Stimme zu sein,
– indem wir im Dialog mit jeder Kultur die Werte des Evangeliums in zeitgemäßer Form vermitteln;
– indem wir die Laien ermutigen, ihr Taufversprechen dadurch zu leben, dass sie in der Kirche Eigenverantwortung und Leitungsdienste übernehmen;
– indem wir uns mit den Armen solidarisieren und uns gegen Entwicklungen stellen, die erfülltes menschliches Leben verhindern, besonders gegen soziale Ungerechtigkeit, Armut und Gewalt in jeder Form.

Überall auf der Welt übersetzten dann um das Jahr 2000 herum die einzelnen Einheiten dieses Manifest in ihre je eigene Situation. Hier in Süddeutschland entstanden damals die „Grundlagen der Erneuerung“. Ganz klar unterstreichen sie das Thema dieser Predigt: „Verkündigung ist eine gemeinsame Aufgabe“.


Da steht zu lesen: „2.3 Wir leben missionarisch. Grundlage ist das Evangelium. Dieses bestimmt unser Denken und Handeln. „Auf jede Weise und mit allen Mitteln“ bringen wir die Botschaft Jesu zu den Menschen, auch zu jenen am Rande der Gesellschaft. Das geschieht durch eine einpflanzende und konkret begleitende und an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtete Pastoral (z.B. in der Schulseelsorge, durch Pilgerwege oder Orte für suchende Menschen).“

Und: „2.4 Zusammen mit anderen. Wir suchen mutig, die Zusammenarbeit mit anderen. Das kann auch zu gemeinsamen Lebensformen führen. Konkret bedeutet das: Zusammenarbeit mit unseren Schwestern und Laien, Angestellten und ehemaligen Mitbrüdern, Zusammenarbeit in neu zu bildenden Teams, in neuen Formen der Verwaltung bzw. Trägerschaften.“

Die Zeit, in die Pater Franziskus Jordan geboren war, erlebte tiefe Umbrüche und entwurzelte viele. Zunächst meinte er, dass er als Priester weiterhelfen könnte. Doch die besonderen Umstände in Deutschland erforderten andere Lösungen. Er scharte Menschen um sich, die dann wie die Apostel aktiv wurden und die Frohe Botschaft unter die Leute brachten. Vielen konnte geholfen werden. Es ist aber erst ein Anfang gemacht.

Nach wie vor sind Not und Elend auf dieser Welt groß. Lassen wir uns von P. Franziskus Jordan zu Jesus Christus führen! Der Heiland zeigt uns, wie wir am besten helfen. Amen.

Die Predigt von P. Georg Fichtl als PDF zum Download

Copyright Foto: privat